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Bildnachweis: PhotoMIX-Company für Pixabay (via Canva pro)

Produktionsverlagerung der Zulieferer der Automobilindustrie: Fokus Mittel- und Osteuropa (MOE)

Niedrigere Lohn- und Produktionskosten, günstigere Steuerbedingungen, weniger komplexe Vorschriften, Zugang zu erweiterten Absatzmärkten: Laut einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln (IW) investierten deutsche Unternehmen zwischen 2010 und 2018 rund 14 % ihrer Auslandsinvestitionen in Mittel- und Osteuropa.

Die Zulieferer der Automobilindustrie bilden dabei keine Ausnahme. Seit dem Ende des kalten Krieges existiert ein bis heute ungebrochener Trend von Produktionsverlagerungen in diese Region, die innerhalb der letzten Jahrzehnte zum wichtigsten Beschaffungsmarkt für die Automobilindustrie Deutschlands anwuchs. Das stetige Wachstum verdeutlichen unter anderem auch Eurostat-Zahlen zu den Kfz-Teile-Importen. So wurden 2019 rund 79 % mehr Kfz-Teile aus dieser Region nach Deutschland importiert als noch 2010. Mittlerweile befinden sich fünf der zehn wichtigsten Zulieferstaaten in dieser Region.

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Im Folgenden werfen wir einen genaueren Blick auf wichtigsten Zielländer und zeigen auf, warum diese für deutsche Unternehmen interessant sind.

Wichtige Zielländer für Produktionsverlagerungen:

In den letzten 20 Jahren waren neben China und Indien, insbesondere die MOE-Länder, Polen, Tschechien, Ungarn, Rumänien und die Slowakei die Hauptzielländer für deutsche Produktionsverlagerungen. Diese Länder zeichnen sich durch eine hohe Wirtschaftsdynamik, qualifizierte Arbeitskräfte, eine gute Infrastruktur und teilweise geografische Nähe zu Deutschland aus. Unternehmen können so die Logistik und Lieferketten effizient gestalten und gleichzeitig flexibel auf Marktanforderungen reagieren.

Von den Kfz-Teileimporten 2019 nach Deutschland im Wert von insgesamt 60,2 Milliarden Euro kamen allein aus den genannten MOE-Ländern Teile im Wert von 26,4 Milliarden Euro (43,85 %).

Folgend wollen wir uns die wichtigsten Zielländer der vergangenen Jahre genauer anschauen und untersuchen, warum diese so wichtig sind.

1. Tschechien

Die Kraftfahrzeugindustrie nimmt in Tschechien eine zentrale Rolle ein und strahlt weit in verschiedene Zulieferbranchen aus, darunter Elektronik-Elektrotechnik, Metallverarbeitung sowie Gummi- und Kunststoffverarbeitung. Seit der politischen Öffnung und dem Einstieg von Volkswagen bei Škoda Auto 1990 haben sich zahlreiche Original Equipment Manufacturer (OEM) und leistungsstarke Zulieferer in Tschechien etabliert. Ein Trend, der durch die technisch gut ausgebildeten Fachkräfte, niedrigen Löhne, Investitionsanreize und die logistische Premiumlage des Landes begünstigt wurde.

Deutsche Unternehmen spielen dabei eine maßgebliche Rolle, wobei die gemeinsame Grenze und Tradition als Industrie- und Autoländer diese Partnerschaft weiter gestärkt haben. Doch auch Joint Ventures von Herrstellern aus anderen Ländern wie das von Toyota und PSA Peugeot Citroën in Kolín sowie das europäische Werk von Hyundai in Nošovice unterstreichen die Attraktivität des Landes für die Automobilindustrie. Im Jahr 2019 importierte Deutschland fast 7 Milliarden Euro im Bereich Kfz-Teile auch Tschechien, wobei Karosserieteile, Bremsen, elektrische Beleuchtungs- und Signalgeräte, sowie Scheibenwischer und -froster im Fokus stehen. Unternehmen wie Hella Mohelnice, Continental Automotive Czech und Knorr-Bremse ČR leisten dabei einen wichtigen Beitrag.

Die tschechischen Zulieferer haben in den letzten Jahren eine beeindruckende Entwicklung erlebt. Der Umsatz der Zulieferer hat sich seit 2010 nahezu verdoppelt und erreichte 2019 rund 26,7 Milliarden Euro. Die Exportorientierung ist dabei besonders ausgeprägt, und "czech made"-Teile finden sich in vielen europäischen Fahrzeugen.

2. Polen

Polen, mit einer langen Tradition in der Automobilherstellung, hat sich zu einem der führenden Lieferanten von Bauteilen und Komponenten in Europa entwickelt. Die günstige geografische Lage und die hohe Fachkraftexpertise kombiniert mit niedrigen Lohnkosten haben viele Automobilproduzenten dazu bewogen, Teile ihrer Produktion nach Polen zu verlagern.

Die Entwicklung in der Automobilindustrie Polens verläuft parallel zur wachsenden Bedeutung der Elektromobilität. Bereits heute stammt ein beträchtlicher Anteil der in Europa hergestellten Batterien für Elektrofahrzeuge aus Polen. Dieser Erfolg ist das Ergebnis von Investitionen in innovative Technologien und die Anpassung an die Anforderungen der Industrie 4.0.

Allein zwischen 2017 und 2021 ist der Wert der Batterieausfuhren um das Siebenfache gestiegen und 30 % aller in Europa hergestellten Batterien für Elektrofahrzeuge stammen aus Polen. Lokale Lieferketten entstehen durch Investitionen im Batteriemarkt, wie im Fall des polnischen Werks von SK Nexilis, das ab 2024 Kupferfolie im Wert von bis zu 1 Milliarde Euro an den schwedischen Batteriehersteller Northvolt liefert. Diese Entwicklung macht Polen nicht nur zu einem wichtigen Zulieferer von Batterien, sondern auch zu einem Schlüsselakteur in der Elektromobilität.

3. Ungarn

Die Automobil- und Kfz-Zulieferindustrie hat sich zu einem der entscheidenden Wirtschaftszweige in Ungarn entwickelt, und das Land spielt eine zunehmend bedeutende Rolle als Produktionsstandort für Zulieferer der Automobilindustrie. Etwa die Hälfte der gesamten Produktion im Automobilsektor Ungarns entfällt auf die Kfz-Zulieferindustrie. Die Exportquote dieser Branche lag im Jahr 2020 bei beeindruckenden 81,5 Prozent, was die starke internationale Ausrichtung der ungarischen Zulieferbetriebe unterstreicht.

Eine Schlüsselrolle in Ungarns Automobilindustrie spielt die Audi-Tochter Audi Hungaria in Győr, die nicht nur Motoren, sondern seit 1998 auch Pkw produziert. Audi Hungaria ist ein bedeutender Auftraggeber für lokale Unternehmen, und jährlich vergibt das Unternehmen Aufträge im Wert von 1,6 Milliarden Euro an lokale Zulieferer. Auch andere ausländische Autokonzerne wie Daimler und Suzuki sind in Ungarn tätig und tragen zur Nachfrage nach Zulieferprodukten bei.

Die ungarische Regierung verfolgt ambitionierte Ziele, um die Wertschöpfung im Land zu steigern und die heimischen Zulieferer in globalen Wertschöpfungsketten besser zu positionieren. Ein spezielles Förderprogramm soll Investitionen in die Modernisierung der Zulieferbetriebe unterstützen und diese technologisch auf den neuesten Stand bringen.

Mehr als 40 der 100 größten Automobilzulieferer weltweit sind in Ungarn aktiv, darunter namhafte deutsche Unternehmen wie Bosch, Continental, ZF, ThyssenKrupp und Schaeffler. Diese Unternehmen beliefern nicht nur die in Ungarn ansässigen Automobilwerke, sondern exportieren den Großteil ihrer Produktion in die Europäische Union, insbesondere nach Deutschland.

Die Investitionsfreundlichkeit der ungarischen Wirtschaftspolitik, hohe Zuschüsse und die zentrale Lage in Europa machen Ungarn zu einem attraktiven Produktionsstandort für ausländische Zulieferer. Die hohe Präsenz bedeutender Automobilkonzerne hat dazu geführt, dass viele ausländische Zulieferer eigene Werke in der Nähe wichtiger Abnehmer angesiedelt haben.

Ein interessanter Trend ist der Investitionsboom im Bereich der Elektromobilität. Mehrere Unternehmen, darunter Samsung SDI, SK Innovation und GS Yuasa, bauen Kapazitäten für die Produktion von Batterien und Batteriezellen in Ungarn auf. Dieser Trend wird durch die Entscheidung von BMW, in Debrecen ein neues Werk für die Produktion von Elektroautos zu errichten, weiter verstärkt. Dies macht Ungarn zu einem bedeutenden Produktionshub für E-Autobatterien in Europa.

4. Rumänien

Die rumänische Automobilindustrie hat sich in den letzten Jahren zu einem wichtigen Produktionsstandort für Zulieferer entwickelt und ist fest in die Lieferketten der europäischen Autohersteller integriert. In nahezu jedem in Europa produzierten Auto finden sich Teile aus Rumänien. Insbesondere Systemlieferanten für Komponenten wie Kabelbäume, Armaturen, Reifen, Sensortechnik und Lichtanlagen profitieren von den im EU-Vergleich relativ günstigen Lohnkosten.

Das Anstieg der Investitionen von Zulieferern wird durch verschiedene Faktoren begünstigt: Ein Treiber sind die Investitionen von Dacia (Teil der Renault-Gruppe) und Ford Otosan. Beide Unternehmen setzen dort verstärkt auf Elektromobilität und haben das Ziel, lokale Zulieferer stärker in ihre Produktionsketten zu integrieren. Die Umstellung auf vollelektrische Autos hat zu einem wachsenden Bedarf an Batterieproduktionen geführt und verstärkt für Investitionen von Unternehmen wie Varta, Rock Tech Lithium und Prime Batteries Technologies gesorgt. Rumänien wird somit auch für Zulieferer entlang der Wertschöpfungskette der Batterieproduktion zu einem interessanten Standort.

Ein weiterer Faktor ist der Krieg in der Ukraine, der dazu führt, dass Produktionen aus Russland hierhin verlagert werden. So plant beispielsweise der finnische Reifenproduzent Nokian Tyres eine Investition von 650 Millionen Euro in eine Produktionsstätte in Westrumänien.

Zudem spielt die Softwareindustrie eine zunehmend wichtige Rolle in Rumänien. Der Staat fördert die IT-Branche durch Steuervergünstigungen, und Unternehmen haben die Möglichkeit, sich an EU-Förderprogrammen zu beteiligen. Davon profitieren auch deutsche Zulieferer wie Continental oder Bosch, die für verschiedene Fahrzeugkomponenten Software programmieren.

5. Slowakei

Die Anfang der neunziger Jahre eingeleitete wirtschaftliche Transformation ermöglichte der Slowakei einen beeindruckenden Aufstieg zum Autoland. Der Zusammenbruch von Rüstungs- und Schwerindustrie führte zur Freisetzung von Metallarbeitern, während die Privatisierung neue Einstiegsgelegenheiten schuf. Die Slowakei setzte sich schon früh von anderen Ländern in Mittel- und Osteuropa ab und punktete mit Investitionsanreizen, einem Flat-Tax-Regime und dem Beitritt zur Europäischen Union im Jahr 2004 sowie der Einführung des Euro im Jahr 2009. Unternehmen wie Volkswagen, PSA Peugeot Citroën (heute Stellantis), Kia Motors und Jaguar Land Rover konnten so angelockt werden. Diese Unternehmen schufen Arbeitsplätze und zogen im Fahrwasser ihrer Produktion auch zahlreiche Fahrzeugzulieferer an.

Die Investitionsförderagentur SARIO zählt etwa 350 Fahrzeugzulieferer in der Slowakei, die eng mit internationalen und insbesondere deutschen Wertschöpfungsketten verbunden sind. Die Slowakei hat sich dabei als Lieferant von verschiedenen Kfz-Komponenten etabliert, darunter Stoßdämpfer, Lenkelemente, strukturelle Karosseriekomponenten, Radhausschalen, Unterbodenverkleidungen, Bremsen, Triebachsen, Reifen und elektrische Beleuchtungs- und Signalgeräte.

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Neue Produktionsstandorte in Mittel- und Osteuropa

Während Tschechien, Polen, Ungarn, Rumänien und die Slowakei schon früh Kfz-Zulieferer anlockten und ihre wichtige Stellung als Produktionsstandort bis heute behaupten, konnten sich in den letzten Jahren auch Serbien und Nordmazedonien erfolgreich in die Lieferketten der deutschen Autoindustrie integrieren.

Serbien

Seit etwa einem Jahrzehnt hat sich Serbien als bedeutender Standort für ausländische Automobil- und Kfz-Teileproduzenten etabliert. Das Fiat-Werk in Kragujevac, das seit 2008 den Fiat 500L produziert, ist ein Beispiel für die Anziehungskraft Serbiens. Seither haben sich viele ausländische Betriebe angesiedelt, um von den günstigen Produktionskosten und der strategisch günstigen Lage zu profitieren.

Während anfangs vor allem arbeitsintensive Produktionsschritte nach Serbien verlagert wurden, liegt heute der Fokus verstärkt auf Technologie. Deutsche Unternehmen wie ZF, Continental, Brose und Bosch betreiben eigene Forschungs- und Entwicklungszentren in Serbien, was auf die Verfügbarkeit hoch qualifizierter Fachkräfte zurückzuführen ist. Die serbische Regierung unterstützt diese Entwicklung durch finanzielle Anreize und die Schaffung günstiger Rahmenbedingungen für Investoren.

Die Zahlen der deutschen Einfuhren aus Serbien belegen den Erfolg dieser Strategie. Insbesondere bei Kfz-Elektrik, Fahrgestellen, Karosserien und Zündkabelsätzen zeigen sich beeindruckende Wachstumsraten von bis zu 482,8 Prozent zwischen 2010 und 2019.

Nordmazedonien

Auch Nordmazedonien hat sich zu einem attraktiven Standort für Tier 1- und Tier 2-Lieferanten der Autoindustrie entwickelt. Der Erfolg beruht auf einem gezielten Reformprogramm und einer proaktiven Ansprache von Investoren durch die Regierung. Die Schaffung von speziellen Wirtschaftszonen, den sogenannten Technologcial and Industrial Development Zones (TIDZ), hat einen bedeutenden Beitrag zur Entwicklung des Automobilsektors in Nordmazedonien geleistet. Nachdem erst 2007 Johnson Controls mit einer 40-Millionen-Dollar-Investition den Anfang machte, siedelten sich vor allem deutsche Unternehmen in den TIDZ-Wirtschaftzonen an, um von den besonderen Konditionen und der dort zur Verfügung gestellten industriellen Infrastruktur zu profitieren.

Unternehmensstrategie und Entscheidungsfaktoren

Die Entscheidung zur Verlagerung der Produktion hängt von vielen Faktoren ab und jedes Unternehmen verfolgt dabei seine eigene Strategie. Neben den wirtschaftlichen Überlegungen spielen dabei auch kulturelle, politische und rechtliche Aspekte eine Rolle. Im folgenden betrachten wir die kritsichen Themen einer Produktionsverlagerung genauer, in dem wir die Vorteile und Herausforderungen aufzeigen:

Vorteile von Produktionsverlagerungen

Die Verlagerung der Produktion kann die folgenden strategischen und wirtschaftlichen Vorteile bieten:

  • Kosteneinsparungen durch
    • niedrigere Löhne
    • Energiekosten
    • steuerliche Anreize
  • Kundennähe
    • Schnellere Reaktion auf den Bedarf
    • Effiziente Optimierung der Lieferketten
  • Zugang zu lokalem Know-how und Innovationen
  • Neue Geschäftsmöglichkeiten

Herausforderungen der Produktionsverlagerung

  • Trotz der zahlreichen Vorteile sind Produktionsverlagerungen mit diversen Herausforderungen verbunden:
  • Anfangsinvestitionen
  • Anpassung an unterschiedliche rechtliche und kulturelle Rahmenbedingungen
  • Potenzielle Auswirkungen auf Beschäftigung und Unternehmensimage
  • Fragen
    • zum Know-how-Schutz
    • zu den Qualitätsstandards und der Qualifikation der Arbeitskräfte
    • zur politischen Stabilität
  • Währungsrisiken

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Fazit:

Die Produktionsverlagerung in der Automobilindustrie nach Mittel- und Osteuropa ist ein anhaltender Trend, der von verschiedenen Faktoren getrieben wird. Die Suche nach Kosteneffizienz, qualifizierten Arbeitskräften und steuerlichen Vorteilen motiviert deutsche Unternehmen, in diese Region zu investieren. Der Blick auf die Vergangenheit zeigt, dass MOE-Länder nicht nur als kostengünstige Produktionsstandorte, sondern auch als strategisch wichtige Partner für die deutsche Industrie gelten. Unternehmen sollten jedoch weiterhin sorgfältig abwägen, welche Faktoren für ihre individuelle Situation am relevantesten sind, um eine nachhaltige und erfolgreiche Produktionsverlagerung umzusetzen.

 

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